Nachdem wir am 25. November in der Mittagsstunde Peru in Tilali verlassen haben, macht es uns das neue Land Bolivien nicht leicht den offiziellen Eingang zu finden. Es gibt keine Schilder, nur gleich ausgepraegte Fahrspuren. Laut Karte muesste es direkt am Ufer sein. Deshalb entscheiden wir uns fuer die aeusserst rechte Spur. Wir fahren an einem kleinen Hafen, der aussieht als ob hier geschmuggelt werde, vorbei in ein kleines Dorf. Hier koennen wir endlich jemand fragen und sind natuerlich falsch. Also wieder zurueck, an den neugierig und ein wenig boese drein blickenden LKW-Fahrern vorbei und die linke Spur genommen und da taucht auch schon nach wenigen Kilometern eine Grenzsaeule auf. Aber eine Grenzstation ist weit und breit nicht zu sehen, nur eine Reihe verlassener Ferienhaeuschen. Und zwei Taxifahrer, die auf bolivianischer Seite auf Kundschaft warten. Wenigstens koennen wir fragen und erhalten die Auskunft, dass wir einige km bis nach Puerto Acosta fahren muessen. Wir fahren davon in die gezeigte Richtung davon.
In besagtem Ort gelangen wir wirklich an einen Grenzposten, der am Ortsausgang liegt. Die Einreiseformalitaeten muessten wir bei der oertlichen Polizei an der Plaza erledigen. Die fuehlt sich aber nicht zustaendig. Wenigstens fuer Knuffi erhalten wir eine zeitlich begrenzte Einfuhrgenehmigung fuer ein halbes Jahr von dem netten Chef der Grenzstelle ausgestellt. Auf dieser vermerkt er, dass wir zwei mit eingereist sind und dass es keine Migration hier gibt. Versuchen sie es in La Paz, gibt er uns mit auf den Weg. Na, wenn das gut geht! Aber typisch suedamerikanisch denken wir: „Mañana!“ und damit ist die Angelegenheit fuer uns auch schon erledigt.
In Achacachi wollen wir uns erst einmal mit Bargeld versorgen und tanken. Aber es gibt keinen „Bancomat“ und in den Banken gibt man uns kein Geld auf Kreditkarte. Ohne Bargeld erhalten wir aber keinen Diesel. So muessen wir doch als erstes La Paz ansteuern, was wir eigentlich grossraeumig umfahren wollten. Am Ortseingang stoppt man uns und verlangt Maut in Bolivianos! Aber wir haben keine! Was soll’s, wir muessen in die Stadt. Es folgt eine laengere Diskussion und schließlich laesst der Beamte sich auf eine Dollarzahlung zu einem gelinde gesagt unueblichen Kurs ein. Nach mehrmaligem Fragen findet Michi endlich einen Apparat der uns zur Landeswaehrung verhilft. Kaum sind wir ein paar Meter gefahren, werden wir von der Polizei gestoppt! „Licencia!“ blafft der junge Mann Michi an. „Guten Tag“ oder gar „Bitte“ scheint man hier nicht zu kennen. Das sollen wir im kommenden Monat oft zu spueren bekommen. Als Michi ihm den internationalen Fuehrerschein rausreicht, murmelt er etwas von anderen Papieren. Wir kapieren nichts und Michi beharrt darauf, dass die „Licencia“ in der ganzen Welt gelte. Er laesst uns weiterfahren. Nach nicht einmal einem Kilometer das gleiche „Spiel“. Diesmal bietet uns der „hilfsbereite“ Beamte an uns beim Besorgen der Licencia zu helfen. Die Boliviano-Zeichen blitzen deutlich in seinen Augen. Michi bleibt stur und wir wollen ja auch nur aus der Stadt. Schließlich laesst er uns ziehen. Aus dem Reisefuehrer erfahren wir dann, dass nicht nur der Internationale Fuehrerschein von bolivianischen Behoerden abgestempelt sein muss. Man braucht fuer La Paz auch noch die Genehmigung vom „Automóvilclub Boliviano“ und der oertlichen Verkehrspolizei (beides in der Innenstadt). Langsam beschleicht uns die Ahnung, dass es manchmal ganz gut ist wenn man nicht alles weis!
Nun endlich koennen wir Knuffi volltanken. Bei Diesel haben wir keine Beschraenkung erlebt, dagegen bilden sich an den Benzinzapfsaeulen oft lange Schlangen. Aber es wird geduldig gewartet. Wir wollen uns die Ruinen von Tiwanacu ansehen, die wichtigste praekolumbische Kulturstaette Bolivien lt. Reisefuehrer und UNESCO-Weltkulturerbe. Der Einritt ist nur mit einer sogenannten, nicht gerade billigen, Kombikarte moeglich. Wir besuchen zunaechst das gut gestaltete Museum um uns einenUeberblick zu verschaffen. Als Michi fotografiert (ohne Blitz selbstverstaendlich) wird uns mit Rausschmiss gedroht. Es gab keinen Hinweis, dass dies verboten ist und eine Fotoerlaubnis konnten wir nicht kaufen. Weiter gehen wir zum Herzstück, der eigentlichen Anlage. Noch sind sich die Archaeologen nicht einig ueber den „Zweck“ von Tiwanaku. Hauptstadt eines Reiches, Kultstaette, Wallfahrtsort? Fuer uns ist es ein geschichtstraechtiger Ort an dem wir ueber die Bauleistungen staunen und das Erkunden geniesen. Am Intipunku (Sonnentor) entdecken wir die vielen kleinen Figuren die eine große Figur einrahmen. Als naechstes suchen wir „Museo Litico“ auf, ein großer Gebaeudekomplex in deren Hallen die maechtigen Saeulenmonolithe zu sehen sein sollen. Ausser in den leeren Innenhof gelangen wir nur in einen abgedunkelten Raum indem ein Monolith steht. Alles andere ist verschlossen und macht einen verwahrlosten Eindruck auf uns. Ein bisschen enttaeuscht fahren wir zur letzten Area Pumapunku. Hier sind es vor allem die bautechnischen Raffinessen und die Groesse der bearbeiteten Steinplatten, die uns staunen lassen. Da wir nicht schon wieder Maut bezahlen wollen, nehmen wir in Laja eine Piste Richtung Achacachi. Langsam kommen wir vorwaerts aber erreichen vor Einbruch der Dunkelheit die Tankstelle am Ortseingang und duerfen dort noch einmal stehen.
Mit gefuelltem Tank, ausreichend Lebensmitteln und guter Laune treten wir am naechsten Morgen eine kleine Gebirgsrunde im Norden Boliviens an. Auf der Karte sieht alles sehr einfach aus (gleichbleibende Schotterpiste, Straße 1. Ordnung) und auch die Einheimischen, die wir nach dem Weg fragen (es gibt fast keine Ausschilderung) bestaetigen uns in unserer Annahme. Bis Sorata fahren wir dann auch auf einer erstklassigen zweispurigen Asphaltstrasse. Nach dem tristen, verschlafenen Staedtchen geht diese in Piste ueber und wird recht schmal. Dann ein erster Stopp! Bauarbeiter und LKW-Fahrer bemuehen sich die Folgen eines Erdrutsches zu beseitigen und die Fahrbahn wieder befahrbar zu machen. Mit Routine und fahrerischem Koennen meistert Michi diese heikle Stelle. Unser Knuffi ist ja nicht so gross und schwer, das ist hier unser Vorteil. Weiter geht’s und immer wieder spueren wir, wie wenig hilfreich unsere Karte ist. Nicht nur dass es keine Entfernungsangaben gibt, da sind auch jede Menge Pisten, wo es eigentlich nur eine einzig, naemlich unsere, gibt und es gibt zahlreiche Doerfer nur die auf der Karte verzeichneten finden wir nicht. Wir nutzen jede Gelegenheit um zu fragen und landen so in Ananea. Wo wir eigentlich auch hinwollten, nur das es auf unseren Karten woanders liegt! Damit haben wir die Ruinenstätte Iskanwaya umfahren. Inzwischen arbeite ich naemlich mit 3 Karten: ITM Bolivien; ITM Peru und der Skizze (die oft genauer ist) aus dem Reisefuehrer. Wir fahren ein kleines Stueck zurueck und erreichen erst gegen Mittag das Camp des Flusses (ueber dessen Namen sich meine 3 Karten nicht einigen koennen). Wir duerfen jedenfalls dort schlafen und machen uns auf zu den Ruinen von Iskanwaya. Einen eindeutigen Weg gibt es nicht, aber sie sollen nicht zu verfehlen sein. Zunaechst muessen wir ins Flussbett absteigen. Von oben sieht das Waesserchen ja aus als ob es es fast nicht gaebe. Als wir nun hier davor stehen, ist es trotz Trockenzeit ein richtiger Fluss. Ich lasse mich an einer kleinen Hoehle, die Schutz vor der bruetenden Sonne bietet, nieder und kuehle meine Fuesse. Wir koennen die Ruinen mit blossem Auge in der Felswand gegenüber erkennen und so macht sich Michi auf den Weg. Aber da die Zeit fortgeschritten und der Fluss doch sehr hoch ist, kommt er nach einer halben Stunde zurueck. Wir geniesen lieber die Zeit und sammeln Kraefte fuer den Aufstieg. Die wir dann auch dringend brauchen. 2 Stunden staendig bergan klettern in sengender Sonne! In unserem Lager schwitzend und zerkratzt angelangt, sind wir froh und dankbar ueber die „Naturdusche“ vorm Camp. Am folgenden Morgen kletterten wir d.h. Knuffi zuerst die 6,5km wieder zur „Hauptstrasse“ hinauf. Diese wurde dann immer enger und steiler. Staendig ging es bergauf und bergab. Dabei haben wir an einer Seite immer eine steil ansteigende Felswand mit gelegentlichen Vorspruengen und auf der anderen geht es mehrere Meter steil nach unten. Andere Autos begegnen uns schon lange nicht mehr und die wenigen Leute die wir treffen, starren uns nur erstaunt bis ungläubig an. Schließlich erreichen wir am späten Nachmittag ein kleines Bergdoerfchen. Hier kommt uns endlich wieder ein PKW aus der anderen Richtung entgegen und wir erhalten die Auskunft, dass es bis Santa Rosa noch 50min bis 2,5 Stunden seien. (Jeder sagt etwas anderes). Dann werde die Strasse: „muy lindo“ (sehr huebsch/nett/schoen). Aber jetzt aehnelt sie erst einmal einem Flussbett. Vor der naechsten aeusserst spitzen Kehre bittet Michi mich auszusteigen. Fuer den unbeladenen Pickup, der uns entgegen kommt sind weder die Enge noch das starke Gefaelle ein Problem. Michi studiert die Situation genau und klemmt sich mit einem gemurmelten: „Ich hab nur einen Versuch“ hinters Lenkrad. Und den hat er wirklich nur! Rutscht doch unterm linken Hinterrad die Erde weg und Knuffi geraet in eine gefaehrliche Schieflage fuer einen klitzekleinen Moment, der mir das Herz in die Hosen rutschen laesst. Zum Fotografieren habe ich nicht die Nerven und eigentlich nur einen Gedanken: „Geschafft! Bloss gut, dass wir hier nicht zurueck muessen, fahren doch ab Guanay taeglich grosse Linienbusse lt. Reisefuehrer“. Aber soweit sind wir noch lange nicht. Noch einmal bittet Michi mich an diesem Nachmittag auszusteigen und auch diese Stelle meistern Michi und Knuffi. In der Daemmerung erreichen wir das langgezogene Strassendorf Santa Rosa. Aber hier steppt der Baer! Es ist sonnabends 20Uhr und es gibt ein Volksfest zu Ehren der Dorfheiligen. Hier koennen wir unmoeglich uebernachten. Die Strasse ist nun breiter, gute Piste und beleuchtet. Wir erreichen muehelos die Kooperative Cañapama und duerfen uns auf den Sportplatz stellen. Trotz Erschoepfung faellt es uns schwer nach den heutigen Erlebnissen Ruhe zu finden.
Am Morgen weckt uns trommelnder Regen. Auch das noch, aber schliesslich ist Regenzeit. Das von den Einheimischen ersehnte Nass verwandelt die rote Piste in eine Rutschbahn. Michi faehrt aeusserst konzentriert und immer auf der Hut vor evtl. Gegenverkehr mit Hoechstgeschwindigkeit 10km/h. Wir durchfahren Mapiri und zum ersten Mal gibt es, welch Wunder, aussagekraeftige Hinweisschilder! Gegen Mittag trocknet die Piste ab. Aber schon gibt es das naechste Hindernis. Eine Strassenmaschine mit Getriebeschaden versperrt uns den Weg. Das dauert laenger! Aber schon bauen alle, einschliesslich Michi, an einer Umleitung wenigstens fuer die kleinen Fahrzeuge. Wir sind die ersten und kommen gut vorbei. Die LKW-Fahrer muessen leider weiterhin warten. Endlich kommt am spaeten Nachmittag eine Bruecke in Sicht und dahinter scheint die Strasse breiter und besser zu werden. Langsam dunkelt es. Schon treffen wir wieder auf ein Hindernis. Wir fahren auf einen Waldbrand zu. Es knackt und knistert gefaehrlich ueber uns und riecht brenzlig. Mit der uns moeglichen Hoechstgeschwindigkeit durchfahren wir das Gebiet. Langsam aber ohne weitere Probleme gelangen wir nach zwei Flussdurchfahrten zu einem lauschiges Plaetzchen an einem Bach und beschliessen hier unser Nachtquartier zu beziehen. Schliesslich ist heute der erste Advent und das muss gefeiert werden. Aber bei ueber 30°C, 100% Luftfeuchte und Urwaldgeraeuschen vor der Haustuer ist das schon etwas schwierig. Mit einem guten Kaffee, Paneton, unserem kleinen rauchenden Koenig August und weihnachtlichen Liedern aus der Konserve wird es dann doch in unserem Zuhause adventlich.
Die 16km nach Guanay liegen auf guter Piste am folgenden Morgen schnell hinter uns. Das verschlafene Goldgraebernest lassen wir schnell hinter uns und stehen vor einem neuen Hindernis bzw. darauf. Die Gewichtsbeschraenkung auf der laedierten Bruecke wird nicht anhand von Tonnen oder kg festgelegt, sondern durch die Groesse eines Fahrzeuges! Wer durch das „Tor aus Eisenbahnschienen“ passt, darf drueber, egal wie viel er wiegt! Mit Luftablassen und Raedern vom Dach muessten wir geradeso durchpassen! Aber auf der anderen Seite der Bruecke steigt die Strasse steil an, so dass das Tor hier zum Hindernis wird. Wir muessen zurueck und bekommen erklaert, dass es doch fuer schwere Fahrzeuge ein Ponton gibt, das einmal am Tag oder so faehrt. Wir fahren zurueck und ahnen nichts Gutes. Liegt die „Faehre“ doch ohne Motor und verlassen am Ufer. Wir warten vorerst bis ein Toyota haelt und Edgar (in Bolivien geboren, deutschstaemmig) aussteigt. Von ihm erfahren wir nun, dass es seit langem keinen Busverkehr mehr gibt und dass man das „Ponton organisieren“ muesse. Wir fahren wieder ins Dorf und Edgar stellt die Verbindung zur Goldgraeberkooperative "Rosario California" her. Schnell wird der Vorstand einberufen und wir erhalten das Versprechen, dass man sich gleich morgen darum kuemmern wird, aber es kostet 1000 Bolivianos. Eine echte Wahl haben wir ja nicht! Bis dahin koennten wir uns in den sicheren Hof der Kooperative stellen. Also galt all unsere Hoffnung: „Mañana!“ Um nichts zu verpassen, fahren wir am naechsten Morgen zur Anlegestelle. Aber bis zum fruehen Nachmittag tut sich nichts, so fahren wir zurueck. Beim Tanken erfahren wir, dass Morgen ganz bestimmt das Ponton faehrt. Er, der Tankwart muesse auch nach La Paz mit seinem Tankauto und der Maschinist sei heute dagewesen und haette Benzin geholt. Wir fahren zur Kooperative, treffen aber niemand an und haben uns aber selbst ausgesperrt. Nun wollen wir endlich unseren Lieben daheim und den Freunden unterwegs Bescheid geben, wo wir steckten und dass es uns gut geht jedenfalls im Grossen und Ganzen. Als wir im Internetcafé eintreffen, schuettelt die nette Lady nur mit dem Kopf und zeigt auf die dunkle „Wand“. In dem Moment kracht es auch schon und der Himmel scheint alle Schleusen geoeffnet zu haben. Ein sinnflutartiger Gewitterregen geht nieder und innerhalb von Minuten stehen die Strassen unter Wasser. So manch ein Gewerbetreibender nutzt die guenstige Gelegenheit um seinen Muell loszuwerden! Nachdem wir dann mit unseren Jungs gesprochen haben, fahren wir raus zur Tankstelle um unser Nachtquartier zu beziehen. Dort geht es hoch her. Ueber uns unbekannte Wege ist Benzin eingetroffen. Zwischen dem Quartier des Tankwarts und dem Armeeposten bekommen wir ein Stellplaetzchen. Mit dem Uebersetzen ist es erst mal Essig, das sehen wir am naechsten Morgen selbst als wir vor dem abgesoffenen Kahn stehen. Aber vielleicht in 2 oder 3 Tagen. Erst einmal ist wieder warten angesagt. Mit kleineren Reparaturen, Post aufarbeiten und ausruhen vergehen die naechsten Tage relativ schnell. Von der Goldgraeberkooperative hoeren wir nichts mehr und das Buero ist nicht besetzt. Am Freitag, dem 5. Dezember, sagt uns Victor, der Tankwart, dass er im Gemeindeamt angerufen habe und morgen frueh faehrt das Ponton definitiv. Voller Hoffnung stellen wir uns am naechsten Morgen an die Anlegestelle und warten! Und? Richtig! Bis zum Mittag tut sich wieder nichts. Nun bleibt uns wohl doch nur der gefaehrliche Rueckweg. Aber getreu unsere Devise: Einen Versuch haben wir noch, will Michi noch einmal selbst im Rathaus nachfragen. Verbluefft sind wir als wir von einer Einheimischen erfahren, dass dieses schon seit Wochen oder Monaten? geschlossen sei, da es Streitigkeiten bei der Besetzung des Buergermeisteramtes gaebe. Aber immerhin schickt man uns zu Don Eddy, der Buergermeister war und noch immer großen Einfluss haette. Leider ist dieser nicht zu Hause, aber seine Frau schickt Michi zum Bootsfuehrer und Maschinisten. Und eben dieser wohnt nur 2 Tueren neben der Goldgraeberkooperative! Nach anfaenglichem Zoegern laesst er sich breitschlagen und faehrt mit uns zur Anlegestelle um die Lage zu sondieren. „Nun ja, heute ist es schon etwas spaet (es ist gerade 14Uhr) aber morgen um 11 Uhr steht ihr mit eurem Auto am anderen Ufer!“ verspricht er Michi in die Hand! Der Wasserstand waere uebrigens ein paar cm hoeher besser gewesen, sein fachmaennisches Urteil! Mit wem hatte unser Tankwart telefoniert? Wir kehren nochmals zu Victor an die Tankstelle zurueck. Von seiner Fahrt nach La Paz ist uebrigens keine Rede mehr. Irgendwann einmal ja, aber bis dahin bezieht er das Benzin aus einer Pipeline, die dauerhaft ueber den Fluss gelegt ist und regelmaessig von Tankwagen auf der anderen Seite angefahren wird! Unsere Hoffnungen steigen von 30% auf 50% als wir am naechsten Morgen (Sonntag) den Maschinisten mit einigen Helfern an der Tankstelle vorbei fahren und winken sehen. Als wir gegen 9.00 Uhr ankommen, ist die Faehre rumgezogen und eine Auffahrtrampe gebaut, sowie ein Motor dran. Als der zweite montiert ist, kann Michi problemlos drauf fahren und nach 5min legen wir auf der anderen Seite an. Genau 10.00Uhr!! Eine Stunde brauchen die Maenner noch um die Rampe zum runter fahren zu bauen. 11.00 Uhr stehen wir drei dann gluecklich auf der anderen Seite! Und koennen endlich wieder los auf die Piste! Die gut befahrbar ist, manchmal ein bissel eng, da uns ja jetzt wieder LKWs entgegenkommen aber mit vielen Ausweichstellen. Und ab Caranavi sogar geteert.
Hinter Coroíco kommen uns ploetzlich alle Fahrzeuge auf „unserer“ Spur entgegen und hupen bzw. schimpfen! Aber wir sind ja ortsfremd. Ein freundlicher (die absolute Ausnahme in Bolivien) LKW-Fahrer klaert uns dann auf, dass ab hier Linksverkehr sei. Das Schild kommt aber erst nach der Brücke 100m weiter! Aber alle wuessten das! Wir sind eben nicht alle! Was uns erst ein wenig unsinnig vorkommt (die Straße war breit und gut befahrbar) bekommt wenig spaeter seinen Sinn. Denn die Strasse wurde enger und rechts geht es den Abhang steil runter und links ragen Felsen auf, die manchmal ueberhaengen! So kann Michi die Gefahr (ueberhaengende Felsen) und der entgegenkommende Fahrer (Platz bis zum Abgrund) besser sehen und abschaetzen. Das ist nun wirklich eine herrliche, wenn auch ein wenig staubige Bergfahrt!
La Paz umfahren wir dann so gut es geht auf dem Aussenring und auf der Panam gelangen wir nach Cochabamba. Hier gab es endlich mal wieder einen Supermercado, wo wir uns mit allem Notwendigem und einigem Leckeren eindecken. Hier in Bolivien haben wir auch die Kaffeesorte entdeckt, die uns bis jetzt am besten schmeckt. Nicht das wir Kenner sind, aber echte Kaffeesachsen!!
Wir fahren weiter nach Buena Vista, einem Kleinstaedtchen, was seinem Namen alle Ehre macht und fuer uns eine positive Ueberraschung ist. Abends sitzen wir bei 33° an der Plaza unter den Baeumen des wunderschoen gestalteten Parks, direkt vor unserer Haustuer und beobachteten Leute (oder sie uns?) und freuen uns einfach unseres Lebens! Am naechsten Morgen wird im Park die Weihnachtskrippe mit allem drum und dran aufgebaut.
Wir wollen von hier in den NP Amboró. Wo wir einige Tage die Natur, Ruhe und Abgeschiedenheit geniesen moechten. Da das Interpretationszentrum geschlossen und auch sonst keine Nationalparkbehoerde zu finden ist, fahren wir mit den Informationen aus unserem Reisefuehrer los. Ohne Probleme erreichen wir die Abbiegung zum Campamento Macuñucú und auch die Flussquerung ist eine leichte Aufgabe fuer Fahrer und Fahrzeug, da nur wenig Wasser da ist. Kurz vorm Ziel treffen wir auf Ivigilio und seine Familie. Es sagt es sei nicht mehr weit und bis auf ein oder zwei Stellen gut zu fahren. Ausserdem bietet er uns seine Dienste als Guia an. Aber erst einmal wollen wir ankommen. Die schwierige Stelle macht dann ihrem Namen alle Ehre und wir muessen sogar zur Schaufel greifen. Aber auch das ist bald geschafft und wir stehen vorm Campiamento, wo uns Don Pedro, der Ranger, willkommen heisst. Es kostet zwar keinen Eintritt aber er will unsere Genehmigung der Nationalparkverwaltung in Buena Vista sehen. Da wir die einzigen Gaeste sind, haben wir Glueck. Es gibt naemlich einen Personenbeschraenkung. Don Pedro wird, wenn er nach Hause faehrt, die Genehmigung fuer uns einholen. Wenig spaeter ist Ivigilio da und wir verabreden uns zu einer Tour am folgenden Morgen. In der Nacht faengt es an zu regnen und hoert auch nicht auf als wir drei losziehen. Erst als wir am Nachmittag fast wieder am Lager sind, schafft die Sonne den Durchbruch. In den folgenden 2 Tagen trocknet sie das Gelaende,das wir nun fuer uns haben, da Don Pedro im langen Wochenende ist, ab. Da wir kein Risiko eingehen wollen, beschliessen wir dann am Sonntag, dem 3. Advent zurueck zu fahren. Als wir in dem kleinen Dorf nahe dem Campiamento sind, faengt es dann auch wieder zu regnen an und wir wollen nur schnell über den breiten Fluss kommen. An der Kreuzung hinter dem Dorf entscheiden wir uns fuer die linke Piste und stehen kurze Zeit spaeter am Ufer des Flusses. Bei der Fahrt das steile schmale Ufer hinunter denke ich, dass ich das gar nicht so steil und schmal in Erinnerung habe aber runter ist es kein Problem. Die Gegenseite nehmen wir im 3. Anlauf und schon stehen wir vor einem Weidezaun! Wir sind offensichtlich falsch. Schon das Wenden ist nicht „Ohne“. Aber an der befuerchteten Auffahrt kommen wir bzw. Knuffi nicht weiter. Und mit jedem Versuch rutscht er weiter nach rechts, wo die Uferboeschung stetig weg broeckelt. Nun muessen wir Knuffi erst einmal sichern. Das geschieht mit Hilfe der Winde und dann gilt es die Uferboeschung zu sichern. Schnell wird klar, das schaffen wir nicht allein! Waehrend Michi mit dem Wagenheber versucht das rechte Hinterrad wieder auf Hoehe zu bringen, laufe ich ins Dorf. Nun giesst es auch noch und ich kann die drei jungen Maenner nur schwer bewegen ihr geschuetztes Plaetzchen unter einem Vordach zu verlassen und uns zu helfen. Aber schliesslich kommen sie wenigstens mit um sich das Ganze an zusehen. Einen Traktor der uns ziehen koennte gibt es nur 15km entfernt und das wuerde bei den Wetterverhaeltnissen Stunden dauern. Aber einmal vor Ort legen die jungen Leute, inzwischen 4, los! Schaufeln, schleppen Steine, sichern den Hang, faellen Bäume. graben Fahrspuren. Nach 2 Stunden muss Knuffi wieder ran und ganz langsam und vorsichtig zieht er sich aus dem Schlamassel. Rollandos und Yeris Kleidung sieht zwar gar nicht mehr sonntaeglich aus als sie sich verabschieden aber sie haben was zu berichten, wenn sie sich mit ihren Freunden treffen. Wir fahren zurueck ins Dorf und warten bis der Boden ein wenig abgetrocknet ist und wir uns erholt haben. Dann fahren wir wieder nach Buena Vista, unterwegs nehmen wir den Fluss ohne Probleme. Das war der 3. Advent! Gibt es noch eine Steigerung fragen wir uns?!
Wir fahren nun nur noch Teerstrasse und gelangen nach Sucre. Eine Stadt die zum Bummeln einlaedt, was wir dann auch tun. Beim morgendlichen Routinecheck stellt Michi fest, dass die hintere Achse mal wieder eingerissen ist und wir lassen es gleich schweissen. Beim Wiederanklemmen der Bordbatterien legt Michi unsere Stromversorgung erst einmal lahm. Aber trotzdem koennen wir fahren und unser Ziel ist die Mienenstadt Potosí. Michi bucht eine Tour in die Miene. Ich verzichte auf dieses Abenteuer und lasse mir lieber von ihm dann berichten. Als wir am folgenden Morgen starten wollen… Nichts… Batterie leer! 4. Advent! Wir lassen die Batterie beim Elektriker Richard aufladen und verbringen einen schoenen 4. Advent in der Stadt. Am naechsten Morgen starten wir ohne Probleme in Richtung Uyuni. Wir kommen bis Choquillapampa, einem Nest im Nirgendwo. Dort bleiben wir mit vollkommen entladener Batterie stehen. Es gibt weder Strom, noch jemand der uns die Batterie aufladen koennte. Einzige Loesung: Michi faehrt mit der Batterie zurueck nach Potosí. Am naechsten Nachmittag, dem 23.12. ist Michi mit voller Batterie und Richard wieder da. Nun fahren wir gemeinsam zurueck. Aus Deutschland bekommen wir die Ferndiagnose, die Lichtmaschine ist wahrscheinlich durchgefeuert! (Danke an Fischers in Dresden!). Richard besorgt uns einen Werkstatttermin fuer den naechsten Vormittag. Wir sind froh, dass Weihnachten hier (nur) am 25. gefeiert wird. Eine neue Lichtmaschine hier aufzutreiben ist aussichtslos. Vielleicht in Santa Cruz! Aber nach einigem Nachdenken entschliesst sich der Meiser zur Reparatur. Er kratzt die Elektronik aus dem Chip und heizt die Loetlampe an! Und wirklich gelingt es dem Meister am Vormittag des 24. Dezember unsere Lichtmaschine mit einem elektronischen Beipass zu reparieren! Das Weihnachtsgeschenk für uns!
Am Abend bummeln wir bei nur 15°C durch die belebten Straßen von Potosí. Der Markt und die Geschaefte haben bis weit in die Nacht geoeffnet. Und es werden vor allem Spielzeug, Sekt und Cremtorten, in unzaehligen Varianten gekauft. Ein bisschen erinnert uns alles an den Striezelmarkt. Die Zeit vergeht schnell und wir erreichen ein wenig durchfroren unseren Knuffi. Wir lesen hier Eure viele Weihnachtspost, die fuer uns ein weiteres Geschenk ist. Um Mitternacht wird die Geburt Christ mit Freudenfeuerwerk begruesst.
Wir verlassen am Morgen des ersten Feiertages die Stadt in Richtung Uyuni. Am 2. Feiertag stehen wir am Rande des groessten Salzsees der Erde: Salar de Uyuni! Es ist einfach wunderschoen! Wir trauen uns nicht durch zufahren, denn es hatte vor wenigen Tagen geregnet und eine Piste ist nicht zu erkennen. Unser Weihnachtsgeschenk an unseren treuen Gefaehrten war das Versprechen: Keine Extremtouren mehr! (jedenfalls solange es in unserer Macht steht). Aber auch vom Rand aus ist der See mit seinen Salzbergen, die wie Eisschollen wirken, beeindruckend.
Über die Lagunenstrecke wollen wir Bolivien verlassen. Von Uyuni fahren wir auf Asphalt und (spaeter) guter Piste ueber San Christobal nach Alota. Hier irgendwo soll die Lagunenstrecke links abgehen. Zum Glueck treffen wir Juan und der kommt gerade von da. Am Anfang sei die Strecke ein wenig kritisch aber dann gute Piste. Die Landschaft sei dafuer wunderschoen, schwaermen er und seine beiden Begleiterinnen. Wir finden den Abzweig und stellen fest, alle Beschreibungen stimmen aufs Wort. Zunaechst muss Knuffi, trotz guter Vorsätze, maechtig ueber Stein und Fels nach oben klettern. Auf der Hochebene angekommen, ist der weitere Weg nicht zu verfehlen. Ueber die ganze Breite (vielleicht 400m) fuehren Pisten in Richtung „Eduardo Avaroa National Reserve“ , bekannter unter dem Namen „Lagunenrute“. Da die Hinterachse erst geschweisst wurde und eingedenk unserer reparierten Lichtmaschine fahren wir die Wellblechpiste mit Höchstgeschwindigkeit von 7km/h und koennen die Landschaft und ihre Schoenheit auf uns wirken lassen. An der Lagunas Chiarkota und Colorado, sowie oberhalb des Geysirs Sol de Mañana richten wir jeweils Nachtlager ein. Hoehepunkt fuer uns ist aber die Laguna Verde an der wir Silvester und den Neujahrstag verbringen. Dank eines Tipps von Thomas, Helmuth und Robert, die mit Motorraedern unterwegs sind, finden wir ein Parkplaetzchen direkt am Ufer und wenige Meter davon entfernt ein Naturthermalbad mit glasklarem Wasser in Badewannentemperatur. Nur die Flamingos sehen uns zu, da dieses kleine Naturparadies von der Piste aus nicht zu sehen ist und von den unzaehligen Touranbietern zu unserer Freude nicht angefahren wird!
Am 2. Januar muessen wir dann weiter, da uns die Lebensmittelvorraete ausgegangen sind. Die wenigen Kilometer bis zum Grenzpunkt sind schnell gefahren. Wir erfahren, dass wir uns wohl doch haetten um eine „ordentliche“ Einreise bemuehen muessen. So gibt es ein saftiges Busgeld! Knuffi haetten wir in einem Kaff irgendwo 30km vor der Grenze abmelden muessen, aber ihn laesst der unfreundliche Beamte gnaedig ohne Multa raus. Und schon sind wir in Chile und bereit zu neuen Abenteuern, von denen ihr im naechsten Bericht erfahrt.
!Bis dahin! ¡Hasta luego! Marion und Michael!