Frohen Mutes machten wir uns, wie berichtet, Richtung Sueden auf! Wir waren auf herrlichen Gebirgsstrassen unterwegs. Bei Sebol begann eine Strassenbaustelle durch die wir vorsichtig durchfuhren. Dann ein Schlagbaum und ein freundlicher aber bewaffneter Herr, der uns erklaerte, dass dieser Abschnitt zwischen zwei und sechs Uhr gesperrt sei! Es war 5 min nach zwei und Verhandeln zwecklos! Nach einer Sprengung musste die Fahrbahn erst wieder frei geraeumt werden. Aber wir durften noch etwas weiter zum Fluss fahren, da dort das Warten angenehmer waere. Da halfen nur Geduld und die Natur geniesen. Punkt sechs wurde die Strasse auch dann wirklich freigegeben. Da es schon langsam dunkel wurde, nahmen wir die Empfehlung eines Kraftfahrers gern an und stellten uns im naechsten Dorf Betania zwischen Kirche und Schule. Am Morgen war das „Hallo“ gross, „Gringos“ und auch noch im Haus auf Raedern! Die erste Unterrichtsstunde fand im Freien statt. Da es im Schulhaus, was aus einem Klassenzimmer mit schaetzungsweise 30 Plaetzen und einem kleine Zimmer für den Lehrer und seine Gehilfin besteht, keine Landkarte gab, nahm Michael alle mit an unser Ersatzrad. Nun war Geografie angesagt. Aufmerksam hoerten Kinder und Lehrer der „Aushilfe“ zu und erfuhren, dass erste Mal (so hatten wir den Eindruck) etwas ueber Europa und Deutschland. Zum Schluss schossen wir noch ein Klassenfoto (ein schoenes Geschenk) und fuhren unserem geplanten Ziel „Semuc Champey“ entgegen.
Am folgenden Tag wollten wir das Biotopo del Quetzal bei Puruhlá besuchen. Laut der Beschreibung im Reisefuehrer sollte sich die Anlage vor dem Ort befinden, aber irgendwie waren wir schon mitten im Dorf. Eine Polizeistreife hielt und fragte nach unserem Ziel. Nachdem der freundliche Beamte uns den Weg erklaert und unsere (sicher nicht sehr intelligenten) Gesichter gesehen hatte, bat uns lachend (!), ihm einfach zu folgen. Unter Polizeieskorte erreichten wir unser Ziel dann auch schnell und sicher. Uns erwartete eine sehr gepflegte Anlage mit Lehrpfad und einem kleinen Museum. Den Quetzal konnten wir leider nicht entdecken.
Nach soviel Ruhe fuehlten wir uns dem Gewuehl der Hauptstadt Guatemala Ciudad gewachsen. Kurz davor gab es ein lauten Knall und ein „ungutes Knirschen“. Reifenplatzer, hinten rechts!! Da Michi nicht sehr schnell gefahren war und der Reifen sich eine guenstige Stelle ausgesucht hatte, kamen wir ohne andere Folgen am Strassenrand zum Stehen. Nach dem Radwechsel bei 35°C, besichtigten wir die Stadt aus dem Auto und suchten Byron, den wir Tikal getroffen hatten. Seine Firmenanschrift, stellte sich als die Adresse einer Autowerkstatt heraus. Aber da uns so etwas ja prinzipiell freitags nachmittags passiert, war natuerlich kein Reifen mehr zu organisieren.
Wir brachen deshalb zu einem Wochenendausflug nach Antigua auf. Wieder einmal erwies es sich als gar nicht so einfach aus dem Großstadtdschungel zu kommen. So lernten wir das Universitaetsviertel von Guatemala Ciudad kennen und brauchten ueber 1 ½ Stunde fuer die Ausfahrt, lt. Byron ½ Stunde hoechstens, da Hauptverkehrszeit! Gegen 21.00 Uhr im Dunkeln erreichten wir unser Ziel und kamen direkt vor der „Policia Civil“-Station zum Stehen. Nachdem wir der freundlichen Aufforderung, unseren Knuffi direkt vor die Tuer unters Licht zu fahren, nachgekommen waren, hatten wir für die naechsten 3 Naechte einen der sichersten Standplaetze unserer bisherigen Reise. Antigua, von 1543 bis zu einem verheerenden Erdbeben 1773 Hauptstadt Guatemalas, ist heute ein Staedtchen, dass uns mit seinem quirligen Leben und unveraenderten kolonialen Stadtbild gefangen nahm. Wir wandelten in den engen kopfsteingepflasterten Gaesschen, die von bunten einstoeckigen Haeusern eingerahmt werden, bestaunten die Kirchen und Kathedralen und liesen uns ueber den farbenfrohen Markt treiben. Es war auch wieder einmal Zeit fuer ein typisches Essen der Region. Auf dem „Plata típica“ lagen kleine Wuerstchen (unserer Bratwurst aehnlich in Aussehen und Geschmack. Einfach lecker!), Bohnenmus, Avokadobutter und Reis. Das war noch nicht alles. Zum Nachtisch waehlten wir (und die Auswahl fiel schwer, da sie riesig war) Kuchen bzw. Eis und Kaffee, der mit 6 verschiedenen Gewuerzen serviert wurde. Am koestlichsten fand ich meinen mit etwas Kardamom.
Wieder zurueck in Guatemala Ciudad erfuhren wir, dass es unsere Reifen im ganzen Lande nicht gibt und es auch in El Salvador schwierig wuerde! Deshalb beschlossen wir noch einmal nach Mexiko zufahren, da unser jetziger Satz ja in Tuxtla produziert wurde.
Von Huehuetenango aus unternahmen wir einen Ausflug nach Todos Santos Cuchumatán. Hier sollen die Maenner noch ihre Trachten tragen, erfuhren wir au unserem Reisefuehrer. Gern liesen sie sich in ihren rot weiß gestreiften Hosen mit schwarzer Ueberhose und dem weißen Hemd mit duennen roten Streifen und großem Kragen fotografieren. Für Michis Foto beendete eine Maurerbrigade ihre Mittagspause. „Damit die Leute im fernen Deutschland nicht den Eindruck bekommen, dass wir faul sind.“ meinten sie schmunzelnd.
An der Grenze zu Mexiko ging alles sehr schnell, da die Autoversicherung und auch die vorruebergehende Importbescheinigung auf unserer Frontscheibe noch galten. Außerdem lief gerade eine aeusserst interessante Seifenoper im Fernseher am Arbeitsplatz des Beamten und das ist schliesslich wichtiger! In Tapachula, der groessten Stadt weit und breit, ernteten wir nur Schulterzucken. In schicken Reifenwerkstaetten grosser Hersteller, hieß es nur: „Steht nicht im Computer! Haben wir nicht!“ Die „jungen dynamischen Herrschaften“ machten auch keinerlei Anstalten etwas zu organisieren, obwohl wir die einzige Kundschaft waren. (Ist ja auch unverschaemt, 1 Stunde vor Feierabend am Freitag (!) beim Computerspiel zu stoeren und dann noch Sonderwuensche!) Also blieb uns nichts ausser am folgenden Tag nach Tuxtla ins Reifenwerk zu fahren. Auf halbem Wege dahin, in Hiuxtla hielten wir an einer kleineren Reifenwerkstatt. Die Chefin sah kurz auf unsere Reifen und verschwand mit den Worten: „Diese haben wir nicht, aber einen Moment bitte!“ im Buero. Dort gab sie Anweisung, wer anzurufen sei und zitierte den Lehrling nebst Fahrrad herbei, das er uns den Weg zu einer Werkstatt für Landmaschinenreifen zeigte. Das Ganze erfolgte schnell, freundlich und ohne die Lackierarbeiten an ihren Fingernaegeln zu unterbrechen. Der Meister stand schon in der Tuer und erwartete uns. Da habe er die Reifen nicht, aber einen Moment bitte! Viel Hoffnung hatten wir nicht mehr, denn es war Sonnabend um Zwei! Erstaunt meinte der Chef, wir haetten wohl noch gar nicht mitbekommen, dass seit einige Tagen Sommerzeit sei?! Deshalb waere es erst um eins. Dann verschwand auch er zum Telefonieren. Es wurde ein langes, manchmal lautstarkes und am Ende erfolgreiches Telefonat! Nach einer Anzahlung bestellte er die Reifen, die am naechsten Abend (Sonntag) gegen 6 da sein sollten! Wir unternahmen einen Ausflug in die Berge von Chiapas um die Wartezeit zu verkuerzen. Auf steinigem steilem Pfad, wo wieder einmal gerade Platz für Knuffi war, fuhren wir durch ueppiges Gruen. Am spaeten Nachmittag stellten wir uns einfach an den Wegesrand und genossen bei himmlischer Ruhe die phantastische Aussischt. Hier verirrt sich keiner her, dachten wir. Wir wurden eines Besseren belehrt, denn am naechsten Morgen kamen einige Pickups mit bis zu 15 Leuten auf der Ladeflaeche, die nach Rosario, einer Ortschaft oberhalb unseres Standplatzes, fuhren. Da wir inzwischen Erfahrungen mit dem mittelamerikanischen Verstaendnis für Zeit und Termine hatten, fuhren wir erst am Montagmittag nach Hiuxtla zurueck und kurz vor sechs waren unsere 2 Reifen schon da! Die Montage ging schnell von statten aber da es bereits dunkel wurde als Michi den 2. „Neuen“ aufs Dach schnallte, entschlossen wir uns erst am naechsten Morgen wieder nach Guatemala einzureisen. Wir waehlten den kleineren Grenzübergang Talismán /El Carmen, da man uns mehrfach vor dem in Ciudad Hidalgo gewarnt hatte. Schon einige KM vor der Station wollten uns junge Maenner stoppen, die uns einen „Ausweis“ (ich koennte mit unseren bescheidenen Mitteln etwas echter Aussehendes herstellen) unter die Nase hielten und erklaerten, wir haetten ein Problem ueber die Grenze zu kommen. Wir lehnten jede Hilfe entschieden ab. Auch Geld tauschen mussten wir nicht. Die Ausreise ging schnell, obwohl der Beamte unsere Touristenkarte sehen wollte. Aber fuer solche Kleinigkeiten hatte „Mann“ bei der Einreise ja keine Zeit . Wir zahlten nach (ohne Quittung und Touristenkarte ausfuellen!?) und reisten nach Guatemala ein. Wir bekamen 90 und Knuffi 42 Tage Aufenthaltserlaubnis.
Weiter ging’s zum Atitlán See. Hier tragen die Frauen besonders schoene Trachten. In Solola besuchten wir einen der fuer Guatemala typischen Markt. Daneben entdeckten wir 2 Buergermeisteraemter. Wir erfuhren, dass es einen Indigena- und einen Latinobuergermeister gibt. In San Lucas Tolimán waren die Straßen so eng bzw. hingen die Stromleitungen so niedrig, dass wir mit Knuffi nicht durchkamen, deshalb fuhren wir weiter und stellten uns in Patululan an eine Shell-Tankstelle! Irgendwie passte das! Es war der 16. April und wir waren genau ein Jahr unterwegs. In dieser Zeit hatten wir sehr oft einen sicheren Uebernachtungsplatz an Tankstellen gefunden. Wir feierten unser 1-Jaehriges ein wenig, indem wir auf die Zeit zurueck schauten, verwundert feststellten, was wir alles gesehen und erlebt haben und wie schnell doch die Zeit vergangen ist.
Am Morgen des 17. April 2008 machten wir uns auf Richtung Grenze El Salvador. Nach 2 Sunden Fahrt vorbei an rauchenden Vulkanen erreichten wir diese, schlaengelten uns vorbei an den „Helfern“ und sind nach wenigen Minuten ausgereist. Wie es weiter ging, erfahrt Ihr im Bericht Nr. 12!
In diesem Sinne ¡Hasta luego! Marion und Michael!